Verschwörungstheorien am Rande des Wahsinns: Helmut Creutz

Eigentlich hatte ich mit dem Thema mehr oder weniger abgeschlossen, weil es keinen wirklichen Sinn hat, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Dann hat man mich aber neulich mit diesem beiden Filmen genervt, darum gehe ich nochmal darauf ein.

Helmut Creutz ist das wandelnde Beispiel von "autodidaktischer Weiterbildung". Schaut man sich seine Vita an, steht da außer gescheiterten Berufswünschen, daß der Mann gelernter Garnichts ist, dafür hat er aber alles mögliche gemacht. Insbesondere sei er ab 1982 als "freier Architekt" tätig gewesen, die Berufsbezeichnung "Architekt" ist zumindest im Land Baden-Württemberg, landesrechtlich geschützt, sofern Creutz diese Berufsbezeichnung also in Baden-Württemberg gebraucht hätte, was aus seiner Vita nicht hervorgeht, wäre die Vermutung naheliegend, daß dies widerrechtlich gewesen wäre, da die Vita nicht darlegt, wo Creutz die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Architekt" erworben hätte. Siehe auch das einschlägige Landesgesetz, insbesondere Paragraph 2 "Berufsbezeichnung".

Also ein typischer Fall von "ich kann nichts und achte nichts und meine Uni ist das Leben."

Leider aber auch ein typischer Fall der Tragödie, daß jemand sich durch Literatur frißt - nur nie gelernt hat, sich Wissen anzueignen.

Offenbar scheint dieser Mensch eine gewisse Anhängerschaft um sich zu scharen und emaniert sein "Evangelium" in zahlreichen "Artikeln", die, soweit ich das bis jetzt übersehe, der Freiwirtschaftsbewegung nahestehen.

Einige der Artikel möchte ich hier ansprechen.

Tumorartige Geldvermehrung

In Tumorartige Geldvermehrung stellt Creutz die These auf, Geld würde sich von allein vermehren. Creutz schreibt: "Die tatsächlich auslösende Ursache wurde jedoch bisher so gut wie nie angesprochen: Das seit Jahrzehnten andauernde Überwachstum der Geldvermögen! Dabei resultieren daraus nicht nur die viel beschriebenen aktuellen Exzesse und Hiobsmeldungen unserer Tage, sondern auch die seit Jahrzehnten diskutierten sozialen und ökologischen Fehlentwicklungen in unseren Volkswirtschaften!"

Gott sei Dank, daß wir Helmut Creutz haben, der uns das endlich erklärt. Leider kommt nur keine Erklärung. Es kommt ein seitenlanges Lamemto über die wachsende Geldmenge mit einem Gewirr aus Halbwahrheiten, wie es Dr. G.  nicht besser hinbekommen hätte.

Dabei wird ein sehr reales und längst bekanntes Problem instrumentalisiert - und zum Vehikel für Creutz' Thesen umfunktioniert: Der Realverlust in den Löhnen und Gehältern.

Indem Creutz hier auf das Geldsysstem eindrischt landet der Flegel natürlich nicht auf dem Schuldigen. Es ist so einfach, das Geldsystem zu verprügeln und die Schuldigen zu schonen: Die immer wieder gefeierte Übereinkunft zwischen Regierung und Gewerkschaften, man müsse sparen.

Und hier hilft es nichts, ein "Freigeld" oder eine "Natürliche Wirtschaftsordnung" einzuführen, wenn Arbeitsleistung unangemessen vergütet wird, ist es egal, ob das in DM, Franc, Euro, US Dollar oder Schokoladenweihnachtsmännern nicht geschieht.

Geldhortung

In Geldhortung sind wir dann endlich beim Credo der Freigeldlehre. Geld würde gehortet und das sei ein Problem und das Freigeld würde dieses Problem lösen.

Es ist nur so, daß wir kein Freigeld brauchen, um Geldhortung zu vermeiden. Gehortetes Bargeld verliert durch die ganz normale Inflation kontinuierlich an Kaufkraft. Dadurch ist der Anreiz geben, dieses Geld entweder zu investieren (möglichst werterhaltend) oder für Konsumausgaben zu verwenden bevor die Kaufkraft sinkt.

Gehortetes Bargeld verliert im Freigeldmodell seinen Wert, wie immer man dies auch implemenentiert, was ich allerdings nicht sehe, ist, wie gehortetes Buchgeld entwertet werden soll. Hier wird ein Unterschied zwischen Bargeld und Buchgeld konstruiert, den es im realen Leben nicht gibt.

Mit ein Kennzeichen von geistiger Verwirrung sind Neologismen. Und es sollte auffallen, daß "horten" und "sparen" Neologismen sind. In der Volkswirtschaft gibt es weder "horten" noch "sparen". Ich kann für Geld konsumieren oder ich kann das Geld investieren. "Horten" ist in einer inflationär laufenden Wirtschaft Unsinn, das Wort hat im Sprachzentrum also nichts verloren.

Und das geht automatisch! Da brauchen wir nicht einen Riesenaufwand mit Schwundgeld und monatlich mit Abschlag umgetauschten Geldscheinen etc. aufzuhalten und können stattdessen endlich mal die realen Probleme lösen.

Zinsen in den Preisen "30 Prozent Zinsen im Bier"

Nun trinke ich keinen Akohol. Aber selbst der eifrigste Berufsalkoholiker wird bei einem Bier mit 30% Sorgen haben, ob das so ganz gesund ist. Vielleicht hat ein solches Bier ja Helmut Creutz zu seinem hochgeistigen Aufsatz Zinsen in den Preisen "30 Prozent Zinsen im Bier" veranlaßt.

Jedenfalls wäre das dann mal eine Erklärung für nobelpreisverdächtige Sätze wie: "Dass ein solcher Anteil nicht überzogen ist, zeigt sich bei den leicht zu überprüfenden Wohnungsmieten, die nach meiner langjährigen Berufserfahrung zu 60 bis 80 Prozent aus Zinsen bestehen. Nach einer mir vorliegenden Tabelle des Stat. Bundesamtes, schwankte der Anteil z.B. von 1962 bis 1980 sogar zwischen 75 und 84 Prozent und damit um den Mittelwert von 80 Prozent!"

Also über den Lebenslauf von Helmut Creutz schrieb ich oben, bevor man Berufserfahrung sammeln kann, muß man erstmal einen Beruf haben - mir ist nicht bekannt und aus dem Lebenslauf von Helmut Creutz ist es nicht ersichtlich, daß Creutz einen Beruf hätte.

Helmut Creutz scheint aber über hellseherische Fähigkeiten zu verfügen, wenn er weiß, wo in Wohnungsmieten Zinsen auftauchen. Mich würde in diesem Zusammenhang schon mal eine Mietkalkulation interessieren, Helmut Creutz sicher auch, denn dann hätte er endlich mal eine gesehen. Möglicherweise zum ersten Mal in seinem Leben.

Offenbar hat Creutz eine göttliche Eingebung, wie man umlaufendes Geld in "echtes Geld", "Zinsen", "Falschgeld" oder was auch immer aufteilt, aber zumindest in meiner Mietabrechnung steht nicht, wieviel Prozent davon "Zinsen" sind.

Kreissche Creutzläufe

oder so ähnlich.

Von ganz besonderer Qualität sind Helmut Creutzs Vorstellungen über diverse Geldkreisläufe. Er stellt dies im folgenden Aufsatz über "Geldkreisläufe Zentralbank-Banken u.Banken-Wirtschaft" im Detail dar.

Diese Grafik ist eine von diversen Grafiken, in denen Helmut Creutz hat seine gesammelten Erkenntnisse in dargestellt hat.

Ebenfalls hat er eine Reihe von Artikeln geschrieben, einer davon ist Dauerbrenner Geldschöpfung, der in der Zeitung Humane Wirtschaft erschienen ist.

Ich räume ein, daß ich mit meiner Mediation über diese Eingebungen noch nicht zu Ende bin. Die Weisheit seiner Erhabenheit hat sich mir noch nicht erschlossen.

Ich versuche es mal.

Medidationen über Creutz

Als passende Musik für unseren Creutzweges empfehle ich Barbers Adagio. Ich weiß aber noch nicht, ob ich auf die kanonischen 14 Stationen des Creutzweges komme.

Hier mal eine Übersicht über die Stationen.

  1. Der Individualtausch ohne Geld
  2. Das Tauschwertverhältnis
  3. Meditation: Einmal Luftholen
  4. Der indirekte Tausch, generische Tauschmittel
  5. Die Funktionen des Geldes
  6. Wie können Banken Geld verleihen, das sie nicht haben, das gar nicht existiert? Wie funktionieren Finanzintermediäre?
  7. Aber was ist dann mit Insolvenzen?
  8. Der Zins, der Zins, der furchtbare Zins, und da das Thema immer wieder durch die Gegend geistert, habe ich in diesem Teil einen Abschnitt Führen Zinsen zu einer Vermögensumverteilung? eingebaut.
  9. Das exponentielle Wachstum bringt uns um
  10. Preisbildung und Geldmenge
  11. Inflation und Deflation
  12. Aufholwachstum und Sättigungswachstum
  13. Vermögensakkumulation
  14. Zur Narrative der Wirtschaftswunderrepublik Deutschland und Honis Pleitestaat

Wenden wir uns nun also der Religion des Geldes, der Anbetung des Mammon, zu, und beten den Creutzweg:

Station 1: Der Individualtausch ohne Geld

Um dem ganzen mal nahezukommen, verweise ich hier auf eine Geschichte des Geldes aus der Reihe "Planet Wissen". Tatsächlich ist auch diese Darstellung mit Vorsicht zu genießen, der dort skizzierte Tauschhandel "Rinder gegen Brot, Salz gegen Getreide - bevor der Mensch das Geld erfand, tauschte er seine Waren." wurde, wie unlängst in einer Dokumentation auf ARTE dargestellt wurde, nie für eine konkrete Zeit und Gruppe von Menschen als ausschließliche Wirtschaftsform nachgewiesen. Dennoch dürfte der Naturalientausch bis weit in die Neuzeit hinein (ich persönlich denke mal bis weit ins 18. Jahrhundert hinein, also bis zur Napoleonischen Zeit) für viele Menschen der normale Wirtschaftsverkehr gewesen sein. Der Gebrauch von Münzen läßt sich zwar bis weit in die Antike nachweisen, aber ich persönlich gehe davon aus, daß der Gebrauch von Münzen (und damit Geld) bis etwa zur Renaissance eher die Ausmahme war und sich erst im Frühkapitalismus wirklich verbreitet hat. Die normalen "einfachen" Menschen lebten als Selbstversorger bzw. im Feudalsystem als Abhängige, produzierte Güter wurden zugeteilt, eine private Wirtschaft war für einfacher Bürger faktisch nicht möglich.

Der individuelle Gütertausch als Modell wirtschaftlichen Handelns ist folglich einerseits das Grundmodell orthodoxer Wirtschaftstheorien. Andere Systeme, etwa der Debitismus gelten als heterodox, andererseits aber letztlich eine konstruierte, extrapolierte Vorstellung ohne reale historische Vorlage.

Die "Basistransaktion" wirtschaftlichen Handelns ist und bleibt aber in der anerkannten Wirtschaftstheorie der individuelle Gütertausch. Und dieser kommt grundsätzlich ohne jedes Geld aus.

Und allein hier entlarvt sich das Creutzsche Geschwafel schon als eher unreflektiertes Wiederkäuen von vorgekäutem: Creutz schreibt über das Geld als wäre es schon ewig dagewesen und baut da drollige Theorien zusammen, obwohl er weder weiß, was Geld überhaupt ist, welche Eigenschaften es hat oder wie es funktioniert.

Diese Art, als kleines Oberg'scheidle aufzutreten und Leuten "Themen" um die Ohren zu knallen, bei denen die Leute sagen "das wollte ich schon immer mal wissen!", nur warum sie nie danach gefragt haben, weiß keiner so genau, ist dasselbe Geplapper, mit dem ein Versicherungsverkäufer oder ein Scherenschleifer oder ein Sektenprediger ihr Zeug an den Mann bringen, mit sauberer Wissenschaft hat das nichs zu tun.

Das Strickmuster ist nicht mal sonderlich originell, nur ist sowas eigentlich nur in Rheydther Platt zulässig und auch nur mit orthopädischen Schuhen, um die Klumpfüsse zu verstecken.

Wer die Anspielung immer noch nicht verstanden hat: Knödelbert in seinem zweiten Video. Jetzt weiß jeder, von wem ich rede - und wo Creutz und vergleichbare "Genies" ihre Strickmuster herhaben.

Für uns bleibt:

Grundlage des Wirtschaftens ist der individuelle Tausch von Gütern und Leistungen.

Geld ist dazu überhaupt nicht notwendig, die Geschichte des Homo Sapiens fängt so etwa vor 200 Tausend Jahren an, die "Geschichte des Geldes", auf die ich oben verwiesen habe, datiert die ersten Münzen so etwa im siebten Jahrhundert vor Christus, da ist die Menschheit schon eine ganze Weile ohne Geld ausgekommen.

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Station 2: Das Tauschwertverhältnis

Wenn ich mich nicht irre, fragt Franz Hörmann einmal in einem seiner Vorträge, ich spitze das jetzt in der Formulierung etwas zu: "Wieviel Haus kostet eine Krawattennadel?"

In diesem Satz werden gleich mehrere Dinge deutlich.

  1. Tauschen kann man alles und jedes, egal ob Waren oder Leistungen getauscht werden.
  2. Damit Tauschhandel fair wird, sollten die Tauschgüter einen gleichen Tauschwert haben.
  3. Wenn Tauschgüter vom Tauschwert nicht gleich sind, braucht es einen Weg, die Tauschgüter gegeneinander zu skalieren und ggf. auch Restleistungen zu vereinbaren, wenn etwa ein Mittagessen zwei Kehrwochen wert ist, leiste ich die erste Kehrwoche vielleicht vor dem Mittagessen, die zweite eine Woche später.

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Station 3: Meditation: Einmal Luftholen.

Eigentlich bin ich eben mehrere Schritte auf einmal gegangen. Und dabei auch genau über die Schwierigkeit drüberweggelaufen, an der Helmut Creutz scheitert - und vermutlich nicht nur er sondern die meisten, die mit einer strukturellen Betrachtung von Sachverhalten nicht vertraut sind.

Die Frage ist, ob ich Geld ontologisch fasse, also frage, "was Geld ist", oder strukturell, also Geld über seine Eigenschaften und darüber, was ich damit machen kann, definiere.

In der Mathematik wurde dieser Übergang u.a. von Richard Dedekind und Guiseppe Peano vollzogen. Nicht nur bei "Was ist Geld" sondern auch bei anderen Fragen wie "Was ist eine Zahl?", ich denke an Dedekinds berühmten Aufsatz Was sind und was sollen die Zahlen?,oder auch "Was ist Licht?", diese Frage führte leztlich zu den Maxwellschen Gleichungen, oder aber auch: "Was ist Raum, Zeit, Masse, Gravitation", dies führte u.a. zur Allgemeinen Relativitätstheorie, wobei diese Diskussion bis heute noch nicht endgültig abgeschlossen ist..

All diese Übergänge und Brüche sind Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhundertes gelaufen und, das muß man leider so hart sagen, am Publikum vorbei. Ein Beispiel ist der Physik-Unterricht der gymnasialen Oberstufe, der sich noch spät im 20. Jahrhundert am http://de.wikipedia.org/wiki/Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts abgearbeitet hat, ein Schwachsinn, der nur aus einer ontologischen Denkweise heraus kommt und der bei einer sauberen Schulbildung gar nicht erst aufgebaut wird.

Ich fürchte nur, leider, daß sich das bis heute nicht geändert hat.

Im Falle Helmut Creutz ist es nun so, daß er, Baujahr 1923, vermutlich 1942 Abitur gemacht hat, zur Hochzeit des Rheydter Platt in der Politik, wo eine strukturelle Denkweise als "jüdisch" und "entartet" galt - und man den Leuten den Hirntumor der Ontologie gewissermaßen mit der Fahne der Hitlerjugend ins Hirn gerammt hat - und da sitzt der nun und blockiert das Denken.

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Station 4: Der indirekte Tausch, generische Tauschmittel

Bezogen auf Geld starte ich einmal mit einer ontologischen Sicht. In er bereits zitierten Geschichte des Geldes werden Münzen erwähnt, die ab dem 7. Jahrhundert vor Christus in Gebrauch waren.

Hierbei handelt es sich um ein "stoffwerthaltiges Zahlungsmittel", daß um seines stofflichen Wertes willen begehrt wird. (Im Gegensatz zum "stoffwertlosen Zahlungsmittel", etwa Papiergeld.)

Ein solches stoffwerthaltiges Zahlungsmittel hat selbst einen materiellen Wert und kann im Sinne eines (konstanten) Tauschwertverhältnisses gegen Waren und Leistumgen eingetauscht werden. Dabei ist lediglich die Normierung ein Problem, frühe Münzeinheiten wie Talent oder Schekel sind denn eigentlich auch normierte Gewichte, so daß ein normiertes Stück Gold, Silber oder Kupfer zum generischen Tauschmittel wurde.

Der Nutzen eines solchen generischen Tauschmittels, eines "Zwischentauschmittels", liegt darin, daß Tauschgeschäfte auch dann möglich sind, wenn sich nicht gerade zwei Geschäftspartner begegnen, deren einer genau das begehrt, was der andere hergeben möchte und umgekehrt. Auch ermöglicht ein Zwischentauschmittel eine Skalierung von Tauschwerten. Wenn ich, siehe Station 2"Haus" gegen "Krawattennadel" tauschen möchte, kann ich durch den Verkauf von Krawattennadeln soviel Geld erwerben, daß ich davon ein Haus erwerben kann. Gebe ich umgekehrt ein Haus gegen eine Krawattennadel hergebe, kann mir der Empfänger "Wechselhaus" rausgeben.

Wir erkennen hier zwei Dinge, die durch den Gebrauch von Geld möglich werden.

Erstens die Fristentransformation: Die Hergabe des eigenen Tauschgutes und der Empfang des begehrten können zeitlich (und auch örtlich, etwa bei einem Immobilienverkauf) auseinanderfallen. Das ist noch nicht die Fristentransformation im heutigen Sprachgebrauch, es ist aber der entscheidende Schritt dahin.

Zweitens die Losgrößentransformation. Wir haben einen Weg, mit Tauschwertverhältnissen umzugehen, die von "eins zu eins" verschieden sind.

Das Recht zur Herstellung solcher Münzen, das Münzregal war aus politischen Gründen den Fürsten und Feudalherren vorbehalten, wobei es hierfür bei vollwertigen Münzen (Kurantmünzen) keinen sachlichen Grund gibt. Es ist nur die Frage, ob man jedem Bürger Edelmetallbesitz zubilligem will oder nicht. Rein materiell ist eine Kurantmünze eine normierte Menge Edelmetall, also ein standardisiertes Tauschgut, daß jeder herstellen kann, der über das notwendige Edelmetall verfügt.

Daß solchen Münzen irgend ein magisch-sakramentales "Fluidum" anhafte, das es erforderlich machte, Geld auf weihevolle Art zu "schöpfen" ist, vorsichtig ausgedrückt, kompletter Blödsinn.

Auch das nur Juden (die man zweckmäßigerweise im bekannten Propagandafilm nicht Abraham Goldstein nennt sondern Goldschmied Fabian) zum "Geld machen" in der Lage seien, ist ein Ammenmärchen.

Es ist vielmehr schlicht so, daß dem normalen Menschen das Recht auf Edelmetallbesitz versagt war, das Rohmaterial für Münzen lag beim Feudalherren und der gab sich die Ehre, seinen Untertanen sich genahenderweise einen Zustand des Nichtverhungerns zuzugestehen und rationierte denen das Essen und Trinken.

Heute tut das kein Feudalherr mehr sondern eher Götz Werner, der sich den Leuten genaht, indem er ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen in "weise definierter Höhe" zubilligt - das ist anthroposophisch und heißt auf Deutsch "Leibeigenschaft".

In der neu Die Funktionen des Geldeseren Form funktioniert Feudalismus genauso, bei Georg Kreisler klingt das dann so: Meine Freiheit Deine Freiheit.

Wenn ich aber all diese philosophischen Betrachtungen fortlasse, sind Kurantmünzen einfach ein generisches Tauschmittel, das zu anderen Tauschgütern in einem festen Tauschwertverhältnis steht und gegen diese eingetauscht werden kann und umgekehrt.

Und dies entspricht auch der haptischen Erfahrung mit Münzen, die wir machen, wenn wir heute damit umgehen. Und diese Erfahrung führt auch zu dem naiven Geldbegriff eines Helmut Creutz, eines Geldes, das auf wundersame Weise vorhanden ist und in irgendwelchen Creutzläufen kreiselt (oder so ähnlich) und dann alle möglichen drolligen Eigenschaften hat.

Es paßt ja auch so gut. Wir arbeiten mit Münzen - und wo die Münzen herkommen, wissen wir eh alle, die hat "der Jude" und der verleiht sie gegen Geld. So stellt es der Film vom Goldschmied Fabian dar - und so auch die üblichen Filme über die Rothschild-Warburg-Fed-Goldman-Fiatmoney Verschwörung.

Die Alternativen, Geld entstehe "aus dem nichts" oder "aus Arbeit" sind genauso beliebt. Nur leider genauso falsch.

Die Vollgeld-Initiative möchte im Kern das Münzregal allein auf den Staat verlagern, hier ein Werbefilm und beruht dabei auf dem hier erläuterten Geldbegriff eindes dinglichen Tauschmittels, das von irgendwem hergestellt und in Umlauf gebracht wird.

An dieser Stelle verweise ich auf den Aufsatz Die geldtheoretischen Anschauungen Platons von Christos P. Baloglou.

Station 5: Die Funktionen des Geldes

Hier lehne ich mich wesentlich an den Wikipedia-Artikel zu Geldfunktionen an, lege aber den Fokus auf die Funktionen an.

Dabei geht es mir im Kern um die Abgrenzung des antiken Geldbegriffes vom heutigen, und auch um die Abgrenzung dieser Geldbegriffe von dem Geldbegriff von Helmut Creutz, den er in seinem Aufsatz "Schein und Sein" in der Frankfurter Rundschau entfaltet.

Daher entfällt hier bewußt die Wertaufbewahrungsfunktion.

Bedauerlicherweise ist die Frankfurter Rundschau nicht multimedial und ermöglicht es Artikeln nicht, an entscheidenden Punkten mit dem Fuß aufzustampfen, wenn sie gelesen werden. Creutz kompensiert das durch exzessiven Gebrauch des Ausrufezeiches.

Zunächst einmal glänzt Creutz durch das Aperçu: "Rechtlich gesehen ist Geld alleine das von der Zentralbank in Umlauf gegebene Zahlungsmittel, also Banknoten und Münzen, plus jener Reserven, welche die Banken bei der Zentralbank halten müssen."

Da hat er die Begriffe "Annahmezwang" und "Annahmeverzug" zwar ganz nett abgeschrieben, zusammen mit seinem Aufsatz Dauerbrenner Geldschöpfung ergibt sich für mich aber eher das Bild, daß Creutz Geld als etwas dingliches sieht, daß irgend einen Wert hat und daß man in Onkel Dagoberts Geldspeicher horten kann.

Entlarven tut sich Creutz freilich durch den Halbsatz: "plus jener Reserven, welche die Banken bei der Zentralbank halten müssen." Offenbar stellt Creutz sich vor, daß Geschäftsbanken hier bei der Zentralbank Münzen und Geldscheine abliefern müssen...

Tatsächlich sind im modernen Geldbegriff Banknoten und Münzen als Inhaberschuldverschreibungen zu verstehen, die eine Forderung des Inhabers gegenüber der bezogenen Person, der ausgebenden Notenbank dokumentieren. Nicht mehr, nicht weniger. Banknoten und Münzen sind heute "stoffwertlos", ihr Materialwert ist minimal.

Gehen wir die weiter oben geforderten Funktionen des Geldes einmal durch.

Zahlungsmittel: Banknoten und Münzen können gegen Waren eingetauscht werden: der Kunde zahlt, indem er eine titulierte Forderung (eine solche ist ein Geldschein bedingt durch den Annahmezwang bei einem gesetzlichen Zahlungsmittel) an den Gläubiger abtritt.

Wertmaßstab: Der Wertmaßstab ist frei definierbar: Tatsächlich geht es bei Geschäften immer um den Tausch von Waren oder Leistungen, siehe Station 1 und wenn dieser indirekt über ein Zwischentauschmittel erfolgt, geht es im Kern um das Tauschwertverhältnis, siehe Station 2. Dann kostet am Ende eben 1 Haus 50000 Krawattennadeln. Oder 1 Krawattennadel 1/50000 Haus. Und dieses Wertverhältnis ändert sich nicht, wenn ich en Wertmaßstab skaliere. Solange Preise von Gütern bzw.&mbsp;Leistungen in gleichen Geldeinheiten angegeben werden, spielt der Bewertungsmaßstab überhaupt keine Rolle.

Kumulierbarkeit, Meßbarkeit: Wir können den Wert von Waren und Leistungen aufaddieren, ganz mathematisch ist der Preis von (Ware 1 und Ware 2) = Preis (Ware 1) + Preis (Ware 2), Preis ist hier auch synonym für Wert. Auch soll dann Preis (1000 Stück Ware 1) = 1000 * Preis (Ware 1) sein. Das klingt simpel, ist aber in Wirklichkeit einer der ganz großen Fallstricke, denn tatsächlich führt der Preis bzw. Wert einer Ware in Geldeinheiten auf der Menge der Wirtschaftsgüter ein Maß ein und wir verlangen von diesem Maß eine Reihe von Eigenschaften, und ich habe in der Tat große Zweifel daran, ob die Forderung nach einem solchen Maß vernünftig ist. Aber für die vorliegende Betrachtung setze ich ein solches Maß einmal voraus.

Dies erklärt auch, warum ich dem Geld keine Wertaufbewahrungsfunktion zubillige. Entscheidend ist immer das Tauschwertverhältnis, nicht die Skalierung der Geldeinheiten. Bei einem stoffwerthaltigen Geld kann ich Werte in Geld aufbewahren, die Münzen haben einen Materialwert. Bei einem stoffwertlosen Geld kann ich Werte nur in Gütern oder Forderungen, bilanztechnisch gesprochen in Aktiva, aufbewahren.

Diese Vorstellung ist nicht neu, tatsächlich spricht Christos P. Baloglou im verlinkten Aufsatz über Platon in Abschnitt VIII über das Kreditwesen zur Zeit Platons, es gab im vierten Jahrhundert vor Christus bereits Banken. Und damit auch Kredite und Zinsen. Und auch bei Platon gab es schon den Unterschied zwischen Ökonomik und Chrematistik, Baloglou geht a.a.O. darauf ein.

Da in der Antike Geld in Form von Münzen vorlag, gehe ich davon aus, daß Banken in dieser Zeit tatsächlich Geld von Anlegern in Verwahrung genommen und gegen Zinsen verliehen haben. Die Vorstellungen von Creutz & Co, sind also nicht völlig aus der Luft gegriffen.

Auch war damit auch notwendig das Problem bekannt, daß Anleger bei einer Bank nicht zu jeder Zeit ihr gesamtes angelegtes Geld abheben konnten - das angelegte Geld war möglicherweise gerade verliehen und nicht in der Bank vorhanden.

Beziehe ich das ganze nun auf ein Tauschgeschäft zwischen zwei Wirtschaftssubjekten, so entsteht buchalterisch beim Vertragsschluß ein Paar von wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten, das nach wechselseitiger Vertragserfüllung bilanztechnisch aufgelöst ist: Es sind keine offenen Forderungen und Verbindlichkeiten mehr vorhanden.

Ob ich da als Geld nun ein stoffwerthaltiges Geld nehme, oder ein goldgedecktes Geld, bei dem bei der Notenbank Gold hinterlegt ist und ich "Depotscheine" als Zahlungsmittel verwende, oder ob ich hier auf die Notenbank bezogene Forderungen verwende, die in einer definierten Geldeinheit skaliert sind, ist buchhalterisch, da können wir die einzelnen Buchungssätze durchgehen, völlig belanglos.

Das war jetzt etwas schnell, daher mache ich das ganze nochmal an einer Bilanz klar. Und genau hier sehen wir auch, wie "Geld aus dem Nichts" entsteht, bzw. was da eigentlich wirklich aus dem nichts entsteht. Wir haben da nämlich ein kleines "perpetuum mobile" in unserer Denke, das selten explizit genannt wird: Die menschliche Arbeitskraft. Bei Marx entsteht "Mehrwert" durch gespeicherte Arbeitskraft.

Wenn ich das ganze mal auf einen Selbstversorger anwende, der sich (bei Vernachlässigung der Baumaterialien) ein Haus baut, so mindert er sein ("unendliches") Konto "eigene Arbeitskraft" und mehrt sein Investitionsvermögen "Haus". Buchhalterisch ist das ein Aktivtausch "Haus -> eigene Arbeitskraft".Und auf diese Weise schafft sich ein Selbstversorger scheinbar ein Vermögen aus dem Nichts.

Das schreibt nur keiner so hin. Wenn ein Handwerker einen Auftrag annhimmt, bucht dieser eine Bilanzverlängerung: Auf der Aktivseite bucht der Handwerker im Soll eine "Foderung aus Lieferungen und Leistung an Kunde N.N." und auf der Passivseite im Haben einen "Umsatzertrag". (Das ist jetzt vereinfacht, im echten Leben hat der Handwerker natürlich an dieser Stelle noch die Umsatzsteuer eingebucht, die steht dann auf der Passivseite unter "Umsatzsteuerverbindlichkeiten an Finanzamt", es sei denn, der Unternehmer darf von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen, dann steht auf der Rechnung bei Mehrwertsteuer: "Mehrwertsteuer nicht ausweisbar."

Was hier also als Bilanzverlängerung erscheint, ist in Wirklichkeit ein versteckter Aktivtausch, wobei wir immer voraussetzen, daß Arbeitskraft eine unendliche Ressource ist. (An die werte Leserschaft unterhalb von 50 Jahren Lebensalter: Arbeitskraft ist nicht undendich.) Gleichzeitig wird aber noch etwas deutlich: Diese eingebrachte Arbeitskraft wird nur dann zu Geld und nach den Regeln des Rechnungswesens bilanzwirksam buchbar, wenn ich für diese Arbeitskraft einen Abnehmer finde. Wenn ich für meine Arbeitskraft keinen Abnehmer, keinen Käufer, finde, kann ich schuften soviel ich will, ich werde nie einen Cent Geld dafür sehen.

Also noch mal kurz und knackig, was wir hier eben besprochen haben. haben:

Geld ist eine umlauffähige Forderung, die u.a. dadurch entsteht, daß ein Arbeitnehmer seine Arbeitkraft verkauft bzw. gegen eine Gegenleistung eintauscht.

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Station 6: Wie können Banken Geld verleihen, das sie nicht haben, das gar nicht existiert? Wie funktionieren Finanzintermediäre?

Die Frage ist so provozierend wie falsch gestellt. Natürlich kann eine Bank nichts verleihen, daß es nicht gibt. Freilich: Wenn eine Bank Geld verleiht, dann existiert dieses Geld in diesem Augenblick.

Wir erinnern uns bitte noch einmal daran, was Geld eigentlich ist.

Geld ist eine umlaufähige Forderung.

Dabei entsteht die Umlauffähigkeit dadurch, daß der Schuldner dem Gläubiger eine Inhaberschuldverschreibung abtritt, die auf einen Dritten bezogen ist.

Wenn ich bei einer Bank einen Kredit aufnahme, bucht die Bank im Kern eine Bilanzverlängerung, damit habe ich auf meinem Bankkonto das geliehene Geld - und die Bank hat mir gegenüber eine Forderung. Und diese Forderung ist einer der Aktivposten, aus denen eine Bank ihre Verbindlichkeiten bestreitet.

Eine Frage, zu der ich mich jetzt zurückhalten muß, ich bin kein Jurist, ist die Frage nach der Erfüllungshaftung, aber im Kern haftet eine Bank gegenüber ihren Gläubigern, d.h.&nspb;sie muß auf sie bezogene Wechsel und Schuldverschreibungen auch bedienen.

Ich verweise hier gerne auf den "Napoleon" von Harald Wozniewski, wo es heißt: "Die den ursprünglichen Kredit gewährende Bank muss die benötigte Liquidität haben, sei es durch liquide Eigenmittel, durch Einlagen der Kunden oder eben - gegen Sicherheiten! - durch Kredit der Zentralbank oder der Empfängerbank (Piraten, setzen - 4 Minus!)" wobei ich Harald Wozniewski bis jetzt in einem Punkt nicht ganz folge: Nach meinem Verständnis sind Banken nach herrschender Rechtslage eben nicht dazu verpflichtet, alle ihre "risikobehafteten Aktiva" mit "haftendem Kapital" abzusichern. Die Eigenkapitalquote von Banken ist eigentlich ein Dauerbrenner in der gegenwärtigen Diskussion. Und diese Diskussion ist auch nicht einfach. Dies liegt schon in der elementaren Tatsache begründet, daß Banken, wie jedes Wirtschaftssubjekt, Aktiva in ihrer Bilanz haben und die Bewertung von Aktiva sind, ich sage es mal ganz platt, immer risikobehaftet, und zwar alle. Goldbarren sind risikobehaftet, Auric Goldfinger könnte auf die Idee kommen, sie mit seinem "Atomgerät" zu behandeln, etwas weniger dramatisch reicht es auch schon aus, wenn der Goldkurs fällt, ein Haus kann abbrennen, sicher im Leben ist nichts - bis auf den Tod.

Insofern kann ich noch so viel Rumpelstilzchen spielen, eine Bank wird risikobehaftete Ativa nie mit absoluter Sicherheit mit Eigenkapital besichern können, denn dieses besteht - aus risikobehafteten Aktiva.

Das ändert nichts an meiner Auffassung, daß die gegenwärtige Absicherung der Bankaktiva zu schwach ist. Absolute Sicherheit wird es nie geben, aber auf eine Wiederholung von Lehman Brothers können wir wohl alle gut verzichten.

An dieser Stelle verweise ich auf den Begriff des Finanzintermediärs, vor allem auf die Funktionen einer Bank. Bedeutsam sind an dieser Stelle vor allem die

Es ist hier sicher angeraten, einmal das naive Modell einer Bank als "Onkel Dagoberts Geldspeicher" oder als "Lord Rothschild" über Bord zu werfen, vielleicht sogar das Modell der Privatbank.

Da eine absolute Absicherung von Aktiva schlechthin unmöglich ist, ist es faktisch ein Ding der Unmöglichkeit, die Risikotransformation, bzw. Risikostreuung auf die Eigentümer zu beschränken, werden im Fall einer Bankinsolvenz alle Gläubiger einer Bank einen Teil des Risikos trangen müssen, auch Kleinsaprer, Rentner, Arbeitslose etc..

Dann kann es aber nicht angehen, daß wir Eigentümer einer Bank bei der Zuteilung von Bankerträgen bevorzugen, wenn diese die Haftung icht alleine tragen (und auch nicht tragen können). Ansonsten würden wir Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren.

Auf Dauer heißt das, daß wir das heutige Bankwesen grundlegend in Frage stellen müssen. Der Blödsinn vom Vollgeld hat an dieser Stelle das Thema verfehlt. Aber über eine Abschaffung des privaten Kreditwesens lasse ich mit mir reden: Wir müssen uns einfach mal klar machen, daß der Begriff Eigenkapital ein buchhalterisches Konstrukt ist. Eingeführt wird das Eigenkapital bei der Unternehmensgründung durch die Kapitalgeber, auf diese Weise gelangt das Buchhaltungskonto "Eigenkapital" auf die Passivseite der Eröffnungsbilanz. Bei der regelmäßigen Geschäftstätigkeit wird das Eigenkapital durch Gewinne eines Unternehmens gemehrt, durch Verluste gemindert. Tatsächlich stehen aber hinter dem Eigenkapital, wie hinter jedem Passivkonto, Vermögenswerte, die auf der Aktivseite der Bilanz geführt werden. Die gedankliche Beruhigungspille der Eigenkapitalquote ist also die bizarre Hoffnung, "risikobehaftete Aktiva" könnten durch "risikolose Aktiva" in irgend einer Form "abgesichert" werden. Sich allein auf die Eigenkapitalquote zu versteifen, um etwa Bankenpleiten zu "verhindern", ist Rumpelstilzchengehopse, aber keine rationalie Ökonomie.

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Station 7: Aber was ist dann mit Insolvenzen?

Sinnvolerweise kann ich hier gleich beim vorhergehenden Abschnitt anküpfen.

Vorab noch einmal eine Binsenweisheit als Merksatz.

Ein Wirtschaftssubjekt haftet immer aus seinen Aktiva. Es bedient die Forderungen auf der Passivseite der Bilanz aus seinen Aktiva.

Wenn ein Wirtschaftssubjekt das endgültig nicht mehr kann, ist es zahlungsunfähig, oder auf "Angebsprech" insolvent.

Wenn man solche Worte ausspricht, gehört es sich, möglichst lasziv auf einem bequemen Fauteuil Platz zu nehmen und augenrollend mit der eigenen Intelligenz zu brillieren um die Zuhörer mit dem Fremdwort auch angemessen zu beeindrucken.

Wenn ein Wirtschaftssubject dauerhaft zahlungsunfähig ist, dann dann ist Vermögen weg. Weg wie wech. Mit vier Buchstaben. w, e, c, h. Und die Frage ist nicht, ob Gläubiger hier Forderungen als Verlustbaschreibungen ausbuchen müssen, die Frage ist, in welcher Höhe sie das müssen.

Es ist ein wirtschaftlich völlig normaler Vorgang, daß ein Unternehmen Liquiditätsengpässe hat, das weiß jeder, der Frendenzimmer für die Sommerfrische anbietet, im Sommer hat er Einnahmen, weil Gäste kommen, im Winter hat er Ausgaben, weil er die Zimmer richten muß. Und jeder Handwerkesmeister muß die Rohstoffe für seine Produkte einkaufen, bei der Produktion Löhne und Gehälter entrichten, evtl. noch Wasser, Strom und Miete zahlen, erst danach kann er die Ware zum Verkauf anbieten und Einnahmen erwirtschaften.

Daß ein Unternehmen hierzu auf Fremdkapital zurückgreift, ist völlig in Ordnung. Daß dabei eine Bank, die ein Geschäft finanziert, prüft, ob das Unternehmen als hinreichend solide ist, um dem Unternehmen Kredit zu geben, mit anderen Worten: die eigenen Gläubiger am Risiko des Unternehmens zu beteiligen, ist selbstverständlich.

Und zur bereits erwähnten Risikotransformation gesellt sich jetzt die Fristentransformation. So hat ein Kapitalgeber, der sein Geld an ein Unternehmen verleiht, möglicherweise einen Verlust, weil er das Geld in eine gewinnbringende Investition stecken könnte, statt es zu verleihen, er hat also Opportunitätskosten, für die er eine Erstattung verlangt.

Langfristig gesehen ist es aber auch klar, daß ein Wirtschaftssubjekt nicht dauerhaft mehr ausgeben kann als es einnimmt. Oder, um es mit dem Tauschhandelsbegriff zu sagen, mehr Waren und Leistungen von anderen erhält als es selber gibt.

Kredite sind nichts schlechtes, jeder Arbeitnehmer, der zur Miete wohnt, zahlt seine Miete am Monatsanfang und bekommt sein Gehalt erst am Monatsende, formal haben wir hier einen möglichen Liquiditätsengpaß.

Kredite sind aber keine Möglichkeit, eine dauerhafte Zahlungsunfähigkeit zu überwinden.

Die Schwierigkeit liegt einmal mehr darin, einen Liquiditätsengpaß von einer Insolvenz zu unterscheiden. Und sie liegt in der Einsicht, daß es keine Investition ohne Risiko gibt. Wie sagte es Erich Käsner: "Wird's besser? Wird's schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer Lebensgefährlich."

Besonders problematisch wird das ganze bei einer Insolvenzverschleppung, die zurecht strafrechtliche Konsequenzen hat, weil sich hierbei für die Gläubiger eines Unternehmens uneinbringliche Forderungen akkumulieren und diese am Vermögen erheblich schädigen können.

Ein tagespolitisches Beispiel (März 2015) für eine Insolvenzverschleppung ist Griechenland. Griechenland ist nach Expertenmeinung seit 2010 insolvent. Es konnte also schon die damals bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Statt aber schon damals eine geordnete Insolvenzabwicklung anzustreben und die Verluste der Gläubiger noch halbwegs zu begrenzen, sind wir derzeit mit Fleiß dabei, Griechenland "totzuretten". Im Klartext: Griechenland ist nach der Rettung tot, gerettet wurden die Banken.

Hier knüpfe ich auch an den vorhergehenden Abschnitt an. Eine Insolvenz ist kaufmnännisch ein ganz normaler Vorgang, strafbewehrt ist folglich auch nur eine betrügerische Insolvenz oder eine Insolvenzverschleppung. Hier eine Übersicht zur rechtlichen Situation in Deutschland. Die Folge einer Insolvenz ist, daß Gläubiger des insolventen Wirtschaftssubjektes ihre Forderungen ganz oder teilweise als Verlust abschreiben müssen.

Meine ganz persönliche Meinung ist: Natürlich müssen alle Gläubiger die Folgen einer Insolvenz tragen, das ist und bleibt in einer Marktwirtschaft das ganz normale Lebensriskio, aber dabei sollten starke Schultern mehr tragen als schwache. Etwa im Fall einer Bankpleite sollten kleine Sparvermögen besser geschützt werden als große. Harald Wozniewski schlägt in seinem Buch "Wie der Nil in der Wüste" eine Beschränkung gewinnbringender Vermögen für Privatpersonen vor. In analoger Weise kann ich mir bei Banken ein Schonvermögen vorstellen, das bei Privatpersonen geschützt ist, darüber liegendes Vermögen würde bei einer Insolvenz voll herangezogen. Dies ist auch mit dem Eigentumsvorbehalt des GG vereinbar: Eine Einlage bei einer Bank ist eine Investition. Und wer Geld investiert, geht bewußt und vorsätzlich das Risiko ein, dieses Geld zu verlieren.

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Station 8: Der Zins, der Zins, der furchtbare Zins

Das ist jetzt das Creutzsche Heiligtum. Die Zinskritik. Und das ist ein fast schon undurchdringliches Gewirr von Halbwahrheiten.

Ich gebe nur mal einige wenige seiner Artikel dazu an.

Den Aufsatz über die "Last des Zinses" leitet Creutz mit folgender Bemerkung ein: "Nur für die obersten zehn Prozent ist der Zins ein positives Geschäft. Alle anderen Bürger zahlen drauf. Damit läuft eine gewaltige Umverteilung zu den Reichen. Die Belastung für die Bürger wird immer größer."

Creutz bemerkt offenbar richtig die Umverteilung der Vermögen in Deutschland. Nur tritt er jetzt als Schuldigen den Zins, weil er offenbar nicht versteht, worüber er redet.

Das ganze entbehrt nicht einer gewissen Tragik.

Ich denke, Creutz verzettelt sich da in drei Problemen, die wir hier auseinanderkriegen müssen.

  1. Können Zinsen zurückgezahlt werden?
  2. Führen Zinsen zu einer Vermögensumverteilung?
  3. Gibt es eine Berechtigung für Zinsen?

Gehen wir das mal der Reihe nach durch.

Können Zinsen zurückgezahlt werden?

Auf dieser Frage baut vor allem der Film vom https://www.youtube.com/watch?v=_h0ozLvUTb0 Goldschmied Fabian auf.

Die Kernthese dieses Films ist, daß ein Bankier einem Bürger einem bestimmtem Geldbetrag leiht - und diesen mit Zinsen zurück verlangt. Der Bürger soll mehr Geld zurückzahlen als er erhalten hat.

In der Denkweise von Creutz & Co. ist Geld etwas "dingliches", das nur von Banken etc. "geschöpft" werden könne (oder müsse).

Wäre dies so, wäre es in der Tat ein Ding der Unmöglichkeit, etwa 1000,- € zu leihen und dann, zuzüglich Zinsen, etwa 1100,- € zurückzuzahlen. Der Schuldner könnte die fehlenden 100,- € nicht "schöpfen".

Nur sollte in den vergangenen Abschnitten deutlich geworden sein, daß Geld nicht etwas "dingliches" ist - sondern eine Forderung, die (und das ist der eigentliche Regelfall) endlich in Waren oder Leistungen bedient wird.

Sofern es nur eine Bank im Land gibt, die Notenbank, und die abgewickelt werden muß, können am Ende übrig bleibende Schuldner ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank auch in "Naturalien" bedienen, also ggf. Teller waschen.

Hier wird ein Popanz aufgabaut, der bewußt den Dauerbrenner der "Geldschöpfung" instrumentalsiert und mißbraucht.

Führen Zinsen zu einer Vermögensumverteilung?

Wenn mehrere Wirtschaftssubjekte ihr Vermögen dies zum gleichen Zinssatz verzinsen, wird dort kein Vermögen umverteilt.

Wenn ich ein Vermögen zum jährlichen Zinssatz p verzinse, multipliziert sich das Vermögen in jedem Jahr um einen Faktor (1+p/100), also in n Jahren um einen Faktor (1+p/100)^n. Unabhängig vom Startvermögen, an der Vermögensverteilung ändert der Zins also erstmal gar nichts.

Und dieser Herr Creutz wollte Ingenieur werden. Mit seinem Verständnis von Rechnen, von Mathematik reden wir noch nicht, wäre er vermutlich von der Hauptschule geflogen. Setzen, 6.

Aber was führt dann zur Vermögensumverteilung?

Ich nehme mal mein Lieblingsbeispiel: Dirk Rossmann. Der wirkt immer so sympathisch, wenn er beim Lanz sitzt.

Der hat 1972 mit 2000,- DM = 1022,58 € angefangen und wurde 2014 auf 1,85 Milliarden Euro geschätzt.

Rechnen wir mal nach, zu welchem Zinssatz p sich das Vermögen verzinst hat. Das Vermögen hat sich mit dem Faktor 1808661,75 multipliziert.

Bei 42 Jahren heißt das:

(1+p/100)^42 = 1809142,75
=> p = 42

Kurz: Herr Rossmann hat sein Geld mit 42% pro Jahr verzinst. (Ich rufe ihn gleich mal an, er soll mir mal seine Bank verraten.)

Aber zurück zur Frage: Nicht der Zins führt zu einer Umverteilung der Vermögen, es ist der unterschiedliche Zinssatz, mit dem Menschen ihr Geld verzinsen, oder etwas auf "schlau": Die Eigenkapitalrendite.

Und da lassen sich die Leute vom "Amt" erzählen: Wer morgens aufsteht und fleißig arbeitet...... Wollen wir Renditen, die von normalen Menschen erreichbar sind, mal aufzählen? Besser nicht, der Leser würde vermutlich in Tränen ausbrechen. Gegen eine Eigenkapitalverzinsung von 42% kommt ein normaler Lohnarbeiter nicht an, und wenn er sich noch so abrackert. Ich habe ja oben den Faktor angegeben. Wenn der normale Lohnarbeiter einen Euro auf die Bank trägt und den dort jährlich zu 42% verzinst, hat der nach 42 Jahren (also eine Rentenlebensarbeitszeit) 1808661,75 €, also knapp 2 Mio. € auf dem Konto, da sträuben sich mir die Nackenhaare, man könnte fast denken, Prof. Straubhaar redet über Renditen privater Rentenversicherungen. Oder noch besser Prof. Raffelhüschen.

Gibt es eine Berechtigung für Zinsen?

Auch hier setzt sich die Tragödie Creuz fort. Creuz knüpft bei Silvio Gesell an, der ein sehr grundsätzlicher Zinskritiker war. Dies ist zunächst mal der ganz große Rundumschlag der Zinskritik, die von Zinsen, die durch Geldverleihen erworben werden bis hin zu Bodenrenten pauschal alles und jedes verurteilt, was unter den Begriff "Zins" gefaßt werden kann.

Dabei gerät nur leider die volkswirtschaftliche Funktion von Banken als Finanzintermediär völlig aus dem Blick. Und um die geht es erst einmal in der heutigen Wirtschaftswelt.

Der Begriff der Fristentransformation ist schon angeklungen, ein Kreditgeber wird hier zurecht eine Vergütung für Kaufkraftverlust des verliehenen Geldes und Opportunitätskosten erwarten, ebenso der Begriff der Risikotransformation, bei der eine Bank einfach Rücklagen aufbauen muß, um mögliche Debitorenausfälle kompensieren zu können. Hier hat der Zins eine Versicherungsfunktion. Auch arbeitet eine Bank nicht aufwandsfrei und die Mitarbeiter haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung.

Was nun ein "leistungsloses Einkommen" angeht, so bleibt erst einmal festzuhalten: Ohne eine ausreichende Eigenkapitalrendite ist ein Unternehmen in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung nicht arbeitsfähig. Die Grundlage unseres Wirtschaftssystems ist nun einmal das Tauschgeschäft und wenn ich menschliche Arbeitskraft in etwas eintauschen will, dann geht das nur, wenn ich entweder die Arbeitskraft direkt in eine Gegenleistung eintausche, also eine Dienstleistung erbringe, oder aber Rohstoffe oder Halbzeuge durch Einsatz meiner Arbeitskraft veredele und dadurch einen "Mehrwert" erwirtschafte, und die so veredelten Produkte dann weiterverkaufe.

In diese Kategorie fällt auch ein Händler, der Produkte im Großhandel einkauft, zwischenlagert und an Endverbraucher abgibt. Auch dieser hat Aufwand, auch dieser erbringt eine Leistung, die er zurecht vergütet haben will.

Tatsächlich heißt "Dienstleistung" für die allermeisten Menschen schlicht "Lohnarbeit" - und damit teilt sich die Menschheit, wer sagte das doch gleich, im wesentlichen in zwei Klassen: Die Lohnarbeiter, die kein Eigenkapital und folglich keine Eigenkapitalrendite haben, und die Leute, die Eigenkapital nebst -rendite haben und Lohnarbeiter beschäftigen.

Tatsächlich zahle letztere ihren Lohnarbeitern ein Gehalt in Form von "Bedürfnisbefriedigungszetteln" und haben so im rheinischen Paternalismus der Leibeigentschaft eine pietistische Frömmlernote gegeben.

Diesem Umstand war mal eine Liedstrophe gewidmet:

Die Welt verändert ihr Gesicht
der Mensch erhebt sein Haupt!
Der Arbeitssklave drängt zum Licht
das ihm der Herr geraubt!
Doch keinem wird ein Recht geschenkt
das nicht im Kampf errungen,
drum seht das Banner blutgetränkt
und folgt ihm nach ihr Jungen!

Der Refrain wird heute gerne etwas totgeschwiegen, wird da doch jemand besungen, der Muttchens Weggang aus Hamburg mit verursacht hat.

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Station 9: Das exponentielle Wachstum bringt uns um

Ein weiteres Lieblingsthema von Helmut Creutz, und scheinbar ein nicht ganz einfaches, ist das "Wachstum". Und diesem Thema widmet sich Helmut Creutz fast schon mit religiöser Inbrunst. In seiner Präsentation "Gerechtes Geld" schwurbelt Creutz von verschiedenen Arten des Wachstums, wo Wachstum begrenzt wäre und was weiß ich nicht alles. Auf Folie 3 diskutiert er sogar "Unterschiedliche Wachstumsabläufe" wie Natürliches Wachstum, Lineares Wachstum, Exponentielles Wachstum. Offenbar hat Creutz sich da was angelesen, ich schrieb schon, daß das für mich eine Sondertragik vom "verkanntem Selbstlerngenie" ist und ich Creutz intellektuell für nicht sonderlich hochstehend halte.

Es gibt zu dem Thema sogar ein Video, bei dem Creutz im schönsen Polypenniederrheinisch zu Anfang gehirnschwangere Pseudofragen stellt, ich sage es offen: Auf solche Formen von Intelligenzemulation reagiere ich sehr unwirsch. (Und sage das auch offen, auch wenn das nicht sehr konziliant klingt.)

In Station 2 habe ich vom Tauschwertverhältnis gesprochen. Und darum geht es letztlich: Wieviel Huhn kostet ein Pferd? Wieviel Haus kostet eine Krawattennadel? Wieviel Bratwurst kostet ein Auto? Wieviel Kehrwoche kostet eine Portion Linsen, Spätzle und Saiten?

Solange diese Tauschwertverhältnisse konstant bleiben, ist es völlig egal, ob und ggf. wie sich die Preise dieser Leistungen und Güter verändern. Es ist eine Aufgabe der Preisbildung, Preise zu finden, deren Verhältnisse den Tauschwertverhältnissen entsprechen.

Mit den Preisen ändert sich ggf. auch die Geldmenge. Aber es ist fatal, und das ist der Trugschluß von Creutz, die Geldmenge mit der Gütermenge zu verwechseln. Natürlich kann in einem Wald nur eine begrenzte Zahl von Bäumen leben. Dennoch gibt es für den Preis eines Baumes keine Obergrenze.

Wenn Preise freilich zu groß werden und wir letztlich für ein Gummibärchen eine ganze Wagenladung "Eine Billion Euro Scheine" hinlegen müssen steht es uns jederzeit frei, unsere Währung neu zu skalieren: Ein "Neuer Euro" entspricht "10 Billionen Alte Euro". So etwas ist nicht mal eine regelrechte Währungsreform, wie wir sie in Deutschland etwa 1948 hatten, sondern ein simpler Geldumtausch wie bei der Einführung des Euro Bargeldes 2002.

Mehr ist zu diesem Thema eigentlich nicht zu sagen, hier hat Helmut Creutz einen schönen Popanz aufgebaut und kann damit im "Haus der Altenbegegnung" vor interessierten Kreisen von Hausfrauen, die sich schon immer für das Thema interessiert aber nie danach gefragt haben, brillieren.

Bevor mich jetzt der deutsche Hausfrauenvererband verklagt: Ich hoffe, auch dort ist angekommen, auf welches spezielle Klientel ich mich beziehe.

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Station 10: Preisbildung und Geldmenge

An dieser Stelle verweise ich erstmal auf den Wikipedia-Artikel zum Wirtschaftskreislauf, um den Kreisschen Creutzläufen mal etwas einigermaßem geordnetes gegenüberzustellen.

Der Artikel umfaßt ein Bild vom "Einfachen Wirtschaftskreislauf":

(Draufklicken für Großdarstellung, Autor: RobbyBer on de.wikipedia)

Es geht mir hier bewußt um die Darstellung des Wirtschaftskreislaufes in seiner einfachsten Form. Es werden zwei Kreisläufe deutlich: Ein Geld- und ein Güterkreislauf. Das umlaufende Geld entspricht den umlaufenden Gütern. Im einfachsten Fall ist Geld Zwischentauschmittel für einen Gütertausch: Es wird Geld in Gut, Gut in Geld, Geld in Gut, ...., umgesetzt. Dabei laufen Güter und Geld in gegenläufiger Richtung.

Der Sachverhalt kommt in der bekannten Tautologie der "Quantitätsgleichung" zum Ausdruck:

Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau * Transaktionszahl

Die Frage ist natürlich, wie das Geld in der benötigen Menge in Umlauf kommt und wie sich ein Preisniveau ausbildet.

Es gibt dabei im Kern zwei Möglichkeiten: Planwirtschaft oder Marktwirtschaft.

Planwirtschaft

In planwirtschaftlichen Systemen umgeht man die Frage nach Geldmenge und Preisniveau sehr simpel: Es gibt ein Unternehmen, das ist zweckmäßigerweise mit dem Staat identish. Alle Haushalte, bzw.  Arbeitnehmer, sind beim Staat angegestellt und kriegen für ihre Arbeit ein vom Staat definiertes Gehalt. Der Staat sorgt auch für eine Handelsorganisation, die erzeugte Güter zu definierten Preisen verteilt bzw. Dienstleistungen zu definierten Preisen anbietet. Der Staat gibt das dafür benötigte Geld (in Form von Löhnen an die Arbeitnehmer) aus und sammelt es (über den Rückfluß der Handelsorganisation) wieder ein.

Es ist jederzeit klar, was gebraucht wird, was produziert wird, wer welches Gehalt bekommt.

Beispiele dafür hatten wir

Das ganze hebt eine Weile ganz gut, die ersten Ansätze vom Dolferl waren auch ganz mutmachend und auch Walter Ulbricht hat das zu Anfang ganz gut hinbekommen, aber dann versagen auf einmal die Fünfjahrespläne bei der Operation Barbarossa oder aber Rentner wollen Helden der Arbeit werden und übererfüllen den Plan bei der Leichenproduktion - und die Särge reichen nicht.

Jetzt hätte ich gerne das Lied "Wer die Welt verändert muß durch Taten lernen, denn der Sozialismus fällt nicht von den Sternen, was noch nicht erprobt ist, macht sich wirklich schwer, immer laufen Fehler hinter einem her..." verlinkt - nur leider habe ich keine Quelle mehr, wer mir helfen kann, würde mich glücklich machen. (Muß mal Muttchen fragen, die hat das sicher mit den übrigen FD-Jodlern geübt.)

Marktwirtschaft

In der Marktwirtschaft sollen sich Geldmenge und Preisnveau so ausbilden, daß sich der Geldmengenumlauf und der Güterumlauf wertmäßig im Gleichgewicht befinden, insbesondere bei Gütern und Leistungen soll sich ein Preis derart ausbilden, daß sich ein Gleichgewichtspreis bildet, bei dem sich Angebot und Nachfrage genau die Waage halten.

Die allfällige Frage, wo das Geld für den Geldkreislauf herkommt und wer es in Umlauf bringt, ist einfach zu beantworten. Genau hier kommen Banken, im einfachsten Fall eine Notenbank, ins Spiel. Die Unternehmen, die über Kapital verfügen, nehmen Kredite auf - und das so von Banken geliehene Geld bringen sie als Gehaltszahlungen im Umlauf. Das Geld kommt von den Haushalten an die Unternehmen zurück und läuft von dort zurück an die Banken.

Fassen wir an dieser Stelle aber mal die beiden grundlegenden Möglichkeiten zusammen, Geld in Umlauf zu bringen:

Die Frage ist, wer Geld in Umlauf bringt und wie. Und da gibt es im Kern zwei Modelle.

  1. Sozialismus, Vollgeld: Der Staat das Geld erzeugt das Geld, buchhalterisch durch Bilanzverlängerung bei der Notenbank, und bringt es über Löhne und Gehälter in Umlauf. Es gibt hier nur einen Unternehmer und der ist mit dem Staat identisch.
  2. Kapitalismus: Unternemen leihen Geld von Banken und bringen es über Löhne und Gehälter in Umlauf.

Die umlauffähigen Forderungen, die gemeinhin als "Geld" bezeichnet werden, entstehen in beiden Fällen durch eine Bilanzverlängerung, wobei ich hier jetzt nicht unterscheide, ob diese bei einer Zentralbank oder einer Geschäftsbank gebucht wird.

Wir sind hier aber auch an einem ganz massiven Kritikpunkt an der Ökonomie: Das Allgemeine Gleichgewichtsmodell und die daraus abgeleitete Preisbildung über den Gleichgewichtspreis ist zwar eingängig, versagt aber am Arbeitsmarkt völlig. Das liegt u.a. daran, daß am Arbeitsmakrt keine echte Vertragsabschlußfreiheit besteht, ein Arbeitnehmer ist nicht wirklich frei in der Entscheidung, ob er einen Arbeitsplatz braucht oder nicht. Hierzu mal ein Video von Heiner Flassbeck, in dem Flassbeck einmal mehr erläutert, daß der Arbeitsmarkt nicht funktioniert wie ein Kartoffelmarkt.

An dieser Stelle füge ich unmittelbar die Frage an, ob der Markt für Investitionsgüter funktioniert, wie ein Kartoffelmarkt. Auch Investitionsgüter werden nicht "produziert" und "konsumiert", hier wird das Gleichgewichtsmodell kaum wirklich passen.

Es ist bemerkenswert, daß das Gleichgewichtsmodell zwar für Konsumgüter halbwegs paßt, aber bei Investitionsgütern und am Arbeitsmarkt völlig zu versagen scheint.

Ich verweise hier folglich auch auf die Kritik an der Gleichgewichtstheorie und auf folgeden Aufsatz von Fritz Helmedag zur Gleichgewichtstheorie.

Auch sind hier die Grenzen mathematischer Modellbildung zu beachten. Peinlichherweise erweisen sich hier viele Ökonomen als mathematische Dilettanten, die wirr mit eindrucksvollen Modellen jonglieren, ohne auch nur, um ein Beispiel herauszugreifen im Ansatz begriffen zu haben, daß mathematische Modelle einen Gültigkeitsrahmen haben.

Leider ist diese Krankheit auch in anderen Disziplinen weit verbreitet, aber das sei nur am Rande bemerkt.

Anders ist es nicht zu erklären, daß Ökonomen immer wieder meinen, daß eine Preisbildung über einen Gleichgewichtspreis möglich sei,auch wenn sich bei einem konkreten Produkt gar kein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herstellen läßt. Dies ist etwa bei dauerhafter Überproduktion einer Ware der Fall. Oder wenn die Möglichkeit zur Preisveränderung von vornherein begrenzt ist, etwa beim Lohn: Ein Arbeitnehmern muß irgendwo wohnen, er muß sich kleiden, der muß essen und trinken, er kann seinen Arbeitslohn nicht beliebig senken.

Nun schaue ich hier gerade in ein Skript zur Vorlesung Mathematische Modellbildung für das Lehramt an Grund-, Haupt-, und Realschulen an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg im Sommersemester 2005 und stelle mit nach einer ersten Durchsicht mit Befremden fest, daß dort zu Gültigkeits- und Bezugsrahmen überhaupt nichts gesagt wird.

Also entweder stellen wir für Absolventen von Grund-, Haupt- und Realschulen das Wahlrecht in Frage. Oder wir geben diesen Leuten Mittel und Wege an die Hand, in Wahlkämpfen mit mathemtisch verbrämten Mumpitz als solchen zu erkennen und überhaupt sinnvolle Wahlentscheidungen zu treffen.

Nun habe ich aber auch nur am Anfang des Skripts gesucht.......

Und genau da gehört es hin in einer solchen Vorlesung. Vor den allerersten Satz. Eine Vorlesung über mathematische Modellierung beginnt nicht mit dem Satz "Guten Tag meine Damen und Herren" sondern mit dem Satz "Leider gibt es für die Waffe, die ich ihnen hier in die Hand geben muß, in Deutschland keine Waffenscheinpflicht."

Das ist wie mit einem Fahrsicherheitstraining. Dies entartet in gefühlten 500% aller Fälle ein einer Werbeveranstaltung der Fahrzeughersteller für die Möglichkeiten der Fahrzeuge.

Würde ein Fahrsicherheitstraining seinen Namen verdienen, ginge es VOR ALLEM ANDEREN um die Grenzen des Fahrers und darum, daß sich ein Fahrer dieser Grenzen bewusst wird und sie beachtet.

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Station 11: Inflation und Deflation

Eigentlich hat Christopher Clark in seiner Deutschland Saga etwas bei den Deutschen vergessen: Die Inflationsphobie. Weder fürchtet der Teufel das Weihwasser so sehr noch die Römisch-Katholische Kirche die Aufklärung des Mißbrauchsskandals wie der Deutsche die Inflation.

Die Inflation ist wirklich The German Urangst. The mother of German Angst. Siehe hierzu auch die ZDF-Sendung Die Deutschen II 10 Gustav Stresemann und die Republik.

Nun ist die "Hyperinflation" von 1923 ein Sonderfall, sie wurde, boshaft gesagt, billigend in Kauf genommen. Grundsätzlich ist Inflation nichts grundsätzlich schlimmes. Im Gegenteil, sie ist volkswirtschaftlich besser beherrschbar als eine Deflation.

Um ein Abdriften in eine Deflation zu vermeiden, ist es erklärtes Ziel unserer Wirtschaftspolitik, in der Wirtschaft dauerhaft eine geringe Inflation, in der Euro Zone bei 1,9 %, anzustreben. Eine Inflation unterhalb von 2 % gilt als kaum messbar.

Grundsätzlich sind Inflation und Deflation eine Veränderung des Verhältnisses der Menge an Gütern und Leistungen zur umlaufenden Geldmenge, die Quantitätsgleichung erwähnte ich schon:

Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau * Transaktionszahl

Und wenn wir uns den Wirtschaftskreislauf aus Station 10 in Erinnerung rufen, sehen wir, daß sich zwischen umlaufender Geldmenge und umlaufender Gütermenge ein Gleichgewicht einstellen sollte.

Tatsächlich ist es gerade der Sinn des ganzen Systems, daß Geld- und Gütermenge dadurch in Korrespondenz gehalten werden, daß Unternehmen Geld leihen, über Löhne und Gehälter in Umlaufbringen und es über den Konsum wieder an die Unternehmen - und letztlich an die ausreichenden Banken zurückfließt.

Und eine moderate Inflation bedeutet, daß die Größe "Geldmenge*Umlaufgeschwindigkeit" bzw. "Preisniveau * Transkationszahl" ( = über den Daumen BIP einer Wirtschaft, das steht dahinter) langsam ansteigt, das nennen wir dann auch "Wachstum".

Die Frage ist nun, wie man Wachstum (und das ist faktisch nichts anderes als Inflation, die Maßzahlen werden nur etwas unterschiedlich bestimmt) herbeiführt, und hier unterscheiden sich die Schulen. Mal ganz plakativ:

Natürlich ist es Unsinn, von einer ewig wachsenden Gütermenge auszugehen. Irgendwann ist eine Wirtschaft im wesentlichen gesättigt, der Konsum wird sich hier und da verlagern, es werden mal mehr blaue Jeans gekauft ud mal mehr schwarze, aber die Transaktionszahl wird im wesentlichen gleich bleiben. Dann ist aber Wachstum und Inflation faktisch nur noch der Anstieg von Preisniveau und Geldmenge, und das kann beides beliebig anwachsen. Und da es am Ende immer um Tauschwertverhältnisse geht, wird das im Verhältnis von Einkommen zu Kaufkraft eines Bürgers auch gar nicht sichtbar, solange Preise und Gehälter proportional wachsen.

Damit sollte erstmal die Creutzsche Wachstumskritik erledigt sein, Creutz verwechselt da einfach Güter- und Geldmenge, es sollte aber auch klar werden, wo eigentlich das Problem liegt, nämlch in der Verteilung von Gehältern und Preisen.

Daß ich dabei von einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik ausgehe, ist klar. Die angebotsorientierte Politik unserer Bundesregierung ist ein obsoletes Relikt aus der Jungsteinzeit, zum eher bizarren Streit von Rautenfachleuten und Wirtschaftsfachleuten gebe ich nur zwei Links an.

Die bekannteste Rautistin Deutschlands kritisiert die Ökonomie und bekommt den Unterschied zwischen Rautismus und Ökonomie erklärt. Freilich halte ich unsere Uckermärker Spreewaldgurkenveräuferin für so beratungsresistent, daß sie weder ihre Blamage noch die Lehrstunde realisiert hat.

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Station 12: Aufholwachstum und Sättigungswachstum

Es ist verwunderlich, daß sich Wirtschaftswunder und Wirtschaftskrisen mit einer gewissen Regelmäßigkeit abzuwechseln scheinen. Auch scheint es verwunderlich, daß in Deutschland am Ende "des" Wirtschaftswunders die Wirtschaft regelrecht einzubrechen scheint und nur hin und wieder, etwa nach der Wiedervereinigung und dort gehorteter DM-Vermögen und einem kleinen "Auto-Aufschwunglett" mal ein paar kleinere Auflockerungen passiert sind, davon abgesehen versinkt dieses Land wirtschaftlich eigentlich seit 40 Jahren in Lethargie, der Arbeitsmarkt hat sich von "unterdurschnittlicher Dynamik" über "trägheitsbedingte Schrumpfungsdynamik" über das Stadium "Freier Fall" zwischenzeitlich in den Zustand "Ausstellungsstück im Museum für Frühkapitalismus" entwickelt.

Wir nehmen dies als scheinbar unabänderliches Naturgesetz hin, bisweilen phantasieren wir uns was von Kondratjew Zyklen oder Blasenökonomie zusammen, ändern tun wir nichts.

Auch wird "das" Wirtschaftswunder geradezu religiös überhöht, gerne verweise ich auf einige Anmerkungen die man zum verlinkten Film für das Schulfernsehen gemacht hat.

Die simple Tatsache, daß wir in den letzten 200 Jahren immer wieder Kriege im Land hatten oder andere Probleme, die zu einem erheblichen Mangel in der Versorgung der Bevölkerung geführt haben, damit aber auch, wenn die Akutprobleme überwunden waren, zu einer starken Nachfrage nach Konsumgütern und dabei auch zu einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung verdrängen wir.

Insbesondere verdrängen wir, daß wir

Ohne diese Randbedingungen hätten wir uns unsern Fleiß und unsere Produktivität in die Haare schmieren können, nur durch "Arbeit alleine" entsteht, abgesehen bei vollständig autarken Selbstversorgern weder Wohlstand noch Geld.

Aber Deutschland hatte nach 1945

Und damit alle erdenklichen Voraussetzungen für einen beispiellosen Wirtschaftsaufschwung. Wobei vor allem der unerschöpfliche Markt zuwenig Beachtung findet. Ich höre immer: "Es gab doch nichts." Und genau das ist falsch. Es gab nämlich etwas. sogar sehr wichtiges: Nachfrage. Und die in nahezu unbegrenzter Höhe.

Nun hat es schon lange keinen großen Krieg mehr in Europa gegeben - fast möchte man sagen: leider.

Tatsächlich hat die Wirtschaft in Deutschland spätestens zu Beginn der 1970er Jahre den Bedarf der Bevölkerung an Konsumgütern und auch typischen Wohlstandsgütern wie Eigenheim, Auto, jährliche Urlaubsreise weitgehend gedeckt. Zu meiner Schulzeit machte der eher geistlose Kalauer vom Übergang von der Bedarfsdeckungswirtschaft zur Bedarfsweckungswirtschaft die Runde, heute reitet wohl nur noch ein gewisses schwedisches Möbelhaus auf diesem Begriff herum und feiert mit uns regelmäßig Knut.

Nun ja, falls jemand aber eine Zimmerdecke hat, braucht er eine zweite darunter.

Oder eine Badewanne. Dafür gibt es die Wanne auf Wanne.

Demnächst werden wohl Stuhlgangtrainings eingeführt (kann man auch verkaufen), damit man sein Geschäft auf mehrere Pötte verteilen kann. Wir können dann endlich noch mehr Klos verkaufen. Der Trend zum Drittklo ist klar erkennbar.

Letzten Endes leitete das Erreichen der Marktsättigung in Deutschland auch das Ende der SPD Ära ein - der Hirtenbrief der Deutschen Bischofskonferenz 1980, der den Sturz von Bundeskanzler Helmut Schmidt nach außen sichtbar einleitete, markiert nicht nur den übergroßen Einfluß von Religionsgemeinschaften in Deutschland, er markiert auch die völlige Unfähigkeit der deutschen Wirtschaftspolitik, mit einem im Grunde positiven Ereignis, nämlich daß die Wirtschaft die Kriegsschäden vollständig überwunden hatte, umzugehen.

Es folgte die "geistig moralische" Wende, angeführt von einem promovierten Historiker, und nach einem für die deutsche Sozialdemokratie eher totzuschweigendem Komplettausfall die "Politik der "Schwäbischen Hausfrau" zelebriert von Deutschlands bekanntester Gurkenmamsell.

Und ihrem Credo vom Sparen, Preise stabil halten und Löhne klein halten.

Was freilich nicht erfolgte, war ein sauberer Übergang von einem Aufholwachstum, daß nach dem Krieg in Deutschland stattgefunden hat, und in dem ein übermäßiger Mangel an Gütern kompensiert wurde, und das in der Quantitätsgleichung

Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau * Transaktionszahl

zu einem Anstieg des Preisniveaus führt, zu einem Sättigungswachstum, in dem nicht mehr die Transaktionszahl wächst sondern das Preisniveau.

Genau dies ist aber notwendig, um in der Wirtschaft dauerhaft eine moderate Inflation voranzutreiben. Und nur so kann eine Volkswirtschaft im ökonomischen Sinne wachsen, obwohl sich der Absatz von Waren und Leistungen nicht vergrößert.

Leider hat das unsere Gurkenmamsell nicht begriffen. Ich argumentiere aber vermutlich auch falsch. Wenn eine Ware nicht gekauft wird, dann liegt das nicht etwa daran, daß sie niemand braucht. Schließlich schafft sich jedes Angebot seine Nachfrage, das ist ganz wissemschaftlich, das ist das Saysche Theorem, nachdem sich jedes Angebot seine Nachfrage schafft.

Nach Say gibt es keine Arbeitslosen, denn wo ein Arbeitsloser ist, gibt es auch einen Bedarf an Arbeit. Überbevölkerung gibt es im übrigen auch nicht. Man lasse eine Horde 1 Euro Jobber Billigsärge zimmern - dann krepieren auch die überzähligen Leute, das Angebot an Särgen bedingt die Nachfrage durch Todesfälle.

Genau das war der Punkt aus Station 10, an dem ich auf die Preisbildung eingegangen bin. Der Sargmarkt und der Arbeitsmarkt sind halt kein Kartoffelmarkt, und das wird eben daran erkennbar, daß hier die Neoklassik und die Gleichgewichtstheorie versagen.

Dennoch glaubt unsere Gurkenmamsell das Märchen, die Transaktionszahl steige an, wenn man die Preise konstant hält, oder gar senkt. Was nicht gekauft wird, ist nur zu teuer. Wer keinen Job kriegt, verlangt nur zuviel Geld. Wenn wir also die Preise unten halten und Lohnzurückhaltung üben, dann werden mehr Waren und Leistungen nachgefragt und es kriegen auch mehr Leute einen Arbeitsplatz.

Das fatale daran ist nur: Natürlich gilt die Quantitätsgleichung weiter. Und natürlich steigt das Preisniveau - nur leider nicht bei Konsumgütern und Löhnen. Dafür umso mehr bei Investitions- und Vermögensgütern. Oder anders gesagt: Während unsere Gurkenmamsell den Konsumgütermarkt abwürgt, wird der Kapitalmarkt angeheizt.

Und während man mit Arbeit immer weniger Geld verdient, verdient man mit Kapitalerträgen immer mehr.

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Station 13: Vermögensakkumulation

Die "fünfte Kolonne Moskaus", die marxistisch-leninistische INSM schlägt Alarm:

"Hier ein bisschen Mindestlohn, Lohngleichheit und Frauenquote, dort etwas weniger Werkverträge und Zeitarbeit, gerne auch noch weniger Arbeitszeit, dafür aber mehr Mitbestimmung: Die großkoalitionäre Politik bastelt unbeirrt an einem neuen VEB Deutschland."

Das Ende ist also nahe.

Ob Thomas Lambusch und meine Person in derselben Raumzeit leben, darf bezweifelt werden.

Dennoch nehme ich diese Warnung zum Anlaß, die Frage zu stellen, wie es eigentlich zu wirtschaftlicher Ungleichheit zwischen Menschen kommt und wieso das überhaupt ein Problem ist.

a) Vergleich Person mit und ohne ertragsbringendes Vermögen b) Vergleich von Personen mit unterschiedlichen Renditen. => Vermögen wird sich mehr konzentrieren, die Gesellschaft wird sich monopolisieren.

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Station 14: Zur Narrative der Wirtschaftswunderrepublik Deutschland und Honis Pleitestaat

Die Narrative von der ach so pleiten TäTäRä gehört zu den existenziellen Mythen der Bundesrepublik Deutschland wie die Schöpfungsgeschichte zur Bibel. Der "faule Ossi", der halt nicht die Wirtschaftskraft des "fleissigen Wessi" erbracht hat, sei nun schuld an der "Pleite" der DDR.

Leider ist das ganze mal wieder ein typischer Fall von unentwirrbaren Halbwahrheiten.

Aber vorab etwas zur Auflockerung.

Und wenn wir schon Erich Honecker dabei zusehen, wie er (wenn auch vergeblich) verucht, den Genossen Uwe Steimle zu parodieren, darf eins natürlich nicht fehlen, sonst würde die Stadt Köln ihren dringenden Bedürfnisse nicht nachkommen können: Der Genosse Steimle bedankt sich bei der Nationalen Front für ihr Geschenk an die Nationale Kraft, die 1 Millionste Kläranlage über den Plan.

Nun aber zum inhaltlichen.

Auf der einen Seite denke ich sehr wohl, daß ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem einem planwirtschaftlichen überlegen ist, und ich denke auch, daß Privatwirtschaft mehr Anreiz für Konkurrenz und Wettbewerb schaffen kann als eine rein staatliche, und damit zwangsläufig monopolisitsche, Wirtschaft.

Auf der anderen Seite sehen wir in der Bundesrepublik von heute, wie eine kapitalistische Marktwirtschaft gegen die Wand fährt, wenn man dort kein korrigierendes Regelwerk einzieht.

Letztlich wird die Analyse bleiben, daß 1989 eigentlich ein Kalter Krieg zu Ende gegangen ist, dieser Krieg endete durch die heraufziehende Staatspleite der Sowjetunion 1991. Es heißt dazu am angegebenen Orte:

Neben den strukturellen Problemen der ineffizienten Planwirtschaft hatte die Staatspleite vor allem drei Ursachen, die wie eine Kettenreaktion zum Super-GAU führten: Das Wettrüsten mit den USA, der Verfall des Ölpreises und die teuren Weizenimporte.

Der Verfall des ölpreises dürfte die DDR letal getroffen haben, da die DDR notwendig gebrauchtes Öl nicht mehr aus der Sowjetunion beziehen konnte, die Sowjetunion benötigte ihr Öl selber zur Devisenbeschaffung. In der Folge befand sich die DDR in der Zwangslage, Öl für ihre Industrie zu benötigen, und zu dessen Beschaffung Devisen, die sie u.a. über einen Kredit der Bundesrepublik Deutschland zu beschaffen versuchte, siehe hierzu Der Aufsehen erregende Strauß-Deal mit der DDR.

Letzlich ist hier der Einwurf interessant, daß das Öl grundsätzlich DIE entscheidende Rolle in der jüngeren Weltgeschichte überhaupt spielt. Nach Ende des WK II versuchte die Sowjetuntion territorial im Iran an Einluß zu gewinnen und siehe den Wikipedia Artikel zur Irankrise "die von Kurden und Aseris bewohnten Provinzen Irans abzuspalten, um dort prosowjetische Staaten zu etablieren". Damit hätte die Sowjetunion die Kontrolle über die iranischen Ölvorräte bekommen. Dies war der Punkt, wo Truman buchstäblich rot gesehen hat und es im folgenden nur noch darum ging, den sowjetischen Einfluß zu begrenzen.

In der Folge musste die DDR ihre Produktion nicht nur nutzen, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, sie musste ihre Produkte auch noch in den Westen exportieren, um ihre Westkredite zu bedienen. Diese wiederum waren Kredite der Bundesrepublik Deutschland, da die DDR nicht über eine konvertible Währung, und damit über einen Zugang zum westlichen, von den USA dominierten, Währungs- und Wirtschaftssystem, verfügte.

Die Wirtschaft der DDR fand im "sozialistischen Wirtschaftsgebiet" statt. Dessen Resourcen waren letztlich auf die der Sowjetunion beschränkt.

In der westlichen Welt ist die Ausnahmestellung der dabei sicher nicht allein auf einen Vorteil er Marktwirtschaft zurückzuführen, vielmehr betrieben die USA schon in den 1940er Jahren eine ausgesprochene Weltmachts- und Expansionspolitik, dies kommt u.a. in der Atlantik-Charta, erst recht aber im Atlantikpakt (also der letztlich der NATO), siehe "Der Atlantikpakt und wir", zum Ausdruck. Zwar tat man noch in der Atlantik Charta so, als würde man keine expansionistischen Ziele verfolgen, tatsächlich war es das Ziel der Westmächte, die Sowjetunion vom restlichen Welthandel, und damit vom Zugang zu allen auf sowjetischem Gebiet nicht verfügbaren Ressourcen, auszuschließen. Der Aufsatz in der Zeit bezieht sich dabei ausdrücklich auf die Pariser Friedenskonferenz von 1946, in der die USA deutlich machten, daß sie nicht die Absicht hatten, sich nach einer endgültigen Befriedung Europas aus Europa zurückzuziehen.

Als Anfang des Kalten Krieges wird dabei die Truman Doktrin gesehen, die letztlich die USA zur Schutzmacht "freier Völker" erklärte - und sie letztlich vor der Sowjetunion schützen wollte.

In diesem historischen Zusammenhang sind auch die Stalin Noten zu sehen, die die Möglichgkeit eines neutralen Deutschland ohne Westintegrtation zumindest formuliert haben.

Komplettiert wurde die Antlantik-Charta durch die Konferenz und das System von Bretton-Woods, daß vor allem die Vormachtstellung der USA und des US Dollar in der westlichen Welt (also der Welt ohne die Sowjetunion) zementierte.

Und an dieser Stelle ist zu sehen, daß das westliche Wirtschaftssystem nicht nur das größere ist. Was wir regelmäßig verdrängen ist, daß das westliche Wirtshaftssystem einmal aus dem "Obers" besteht, daß "oben" auf dem westlichen Wirtsschaftssystem schwimmt, dazu zählen die USA und die westlichen Industrienationen.

Darunter befindet sich das, was nicht zum "Obers" gehört. Und das sind im wesentlichen Sklaven.

Es heißt zum Oxfam-Report:

Die offizielle Lesart zur ökonomischen Situation der DDR basiert auf dem landläufig nach Gerhard Schürer benannten Schürer Papier. Beim Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e.V. findet sich dazu in der Rubrik Dokumente von Einzelpersönlichkeiten u.a. folgender Text von Dr. Klaus Blessing: War die DDR pleite?.

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