Thilo Sarrazin beginnt mit einem Eingangsstatement. Griechenland muß seine Kosten um 30% senkden, hierzu sieht Sarrazin drei Alternativen.

1. Eigene Währung
2. Lohnsenkungen
3. Die anderen Länder der Eurozone streben mehr Inflation an als sie jetzt haben

Sarrazin kommt zu dem Schluß: Die Lösung mit der Inflation ist möglich. Und dann, so legt sich Sarrazin zurecht, würden "wir alle", oh Gott oh Gott wie furchtbar, über unsere "Sparguthaben" die Zeche zahlen.

Da greift er durchaus Flassbecks Argumentation auf: Eine Währungsunion bedeutet, daß alle Teilnehmerstaaten dieselbe Inflationsrate haben. Da ist die aktuelle griechische Inflationsrate mit -2,854% durchaus "niedrig", man möchte Griechenland fast deflationäre Tendenzen unterstellen, in Deutschland derzeit mit 1,3% erträglich, wie es scheint.

Es gab da mal ein Inflationsziel von 1,9%. Darauf hat man sich mal geeinigt. Und das geruht Deutschland zu unterschreiten.

Nun wäre das grundsätzlich nicht weiter besorgniserregend, wären da jetzt nicht diese etwas unvorteilhaften griechischen Staatsanleihen, die im Wert immer weiter fallen, und die leider unsere Sparbücher abdecken und auch die kapitalgedeckten Lebensversicherungen von Prof. Raffelhüschen, und da hat Sarrazin richtige Halbsätze gesagt. Griechenlands Wirtschaft ist desolat - und unsere Sparbücher und unsere Lebensversicherungen gehen dabei kaputt. Nur: Der "Kaputtnik" ist nicht etwa der Euro Rettungsschirm oder der ESM oder der EFSF. Der "Kaputtnik" ist die schrumpfende griechische Wirtschaft, die wir Tag für Tag kleintrampeln und über die Mutti & Co. mit graziler Elefantenleichtigkeit die Altersrücklagen unserer Bürger zertrampeln.

Wir haben als Deutsche also ein durchaus vitales Eigeninteresse daran, daß die griechische Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt und die genannten Staatsanleihen - immerhin Aktiva unserer Geschäftsbanken - im Wert steigen, vulgo: teurer werden.

Jetzt zaubert Sarrazin Zuschüsse an Griechenland in Höhe von 30 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Hut. Wie er zu dieser Zahl kommt, verschweigt er. Ebenso unterschlägt Sarrazin, daß Griechenland gar keine Subventionen bekommt. Bzw. was Griechenland aus der EU bekommt, dient der Rückzahlung von Krediten.

Sarrazin beklagt, daß Griechenland "nichts spart", er bleibt uns freilich die Erläuterung schuldig, was er damit meint.

Er kann damit eigentlich nicht meinen, daß der griechische Staat Konsumverzicht übt und das nicht für Konsum verwendete Geld investiert. Denn Griechenland hat kein Geld zum investieren. Der griechische Staat muß ja seine Schulden zurückzahlen.

Nun könnte mir jemand erzählen, der griechische Staat könnte ja durch Steuereinnahmen zu Geld kommen. Die Idee ist auch gar nicht so schlecht. Sie hat nur den etwas unvorteilhaften Fehler, daß dazu die griechische Industrie wieder zu Einnahmen kommen müsste.

Wenn man sie denn ließe. Und nicht griechische Produkte von konkurrenzlos günstigen Waren aus Deutschland vom Markt verdrängt würden.

Deutschland bringt also das einmalige Kunststück fertig, Griechenland totzukonkurrieren - und das so auf Griechenlands Kosten eingenommene Geld, man will ja was fürs Alter zurücklegen, in griechische Staatsanleihen zu investieren, die durch Deutschlands segensreiches Wirken laufend an Wert verlieren.

Aber ich bin weder promovierter Volkswirt namens Sarrazin noch promovierter Physiker namens Merkel. Also offenbar zu blöde, um diesen Quatsch zu verstehen.

Mir entgleitet fast nicht nur der Satz, daß wir uns den Ast absägen, auf dem wir sitzen, nein, wir treten uns selber auch noch in den Arsch, mit dem wir scheißen.