ORF: Am Schauplatz "Gutes Geld" u.a. mit Franz Hörmann Do. 23.10., 21:50 ORF 2

ergänzend: Charity-Bank-Run mit KOV-Pressekonferenz, Graz

0:00 Es wird erstmal die Frage diskutiert, woher Geld komme, die Leute wüssten es nicht, es würde aus dem Nichts geschöpft, nur 5% des Geldes sei real, der Rest seien Zahlen aus dem Computer.

1:30 Der Moderator beschwört Inflationsängste.

2:22 Kundgebung am Linzer Hauptplatz. Gefrustete Bankkunden demonstrieren, klären über die Geldordnung (oder was sie dafür halten) auf.

3:40 Jemand möchte eine Welt ohne Geld.

3:47 Hier wird es bemerkenswert. Der Sprecher sagt, daß wir keine Vorräte sparen sondern Forderungen. (Das stimmt so nicht. Richtig ist, daß Geld eine umlauffähige Forderung ist. Wenn wir aber Geld "sparen" im Sinne von "auf ein Sparkonto einzahlen", dann legt die Bank das Geld nicht in den Tresor sondern kauft dafür Sachwerte. Sie "investiert" es. Gespart wird also sehr wohl im Vorräten.

4:06 Die angesammelten Forderungen überträfen die handelbaren Güter um das sechzehnfache.

4:58 Man möchte Geld unterm Kopfpolster.

6:00 Jetzt sind wir im privaten Paradies von Joya Marschnig. Und man versucht es jetzt mit einem Tauschkreis.

8.30 Seitenhieb auf Giralgeld/Buchgeld und es gebe da soviel dazu im Internet. Und überhaupt. Das ganze "Thema" Schulden.

9:25 Man will einen Kredit nicht zurückzahlen, die Bank erwirkt vor Gericht einen Vollstreckungstitel.... Joya Marschnig sieht sich außerstande, Buchgeld zurückzuzahlen. Sorry, solch ein Deppengschwätz habe ich nun selten gehört. Joya Marschnig hat einen Vertrag unterschrieben und hat dort Leistungen zugesichert, die hat sie zu erbringen oder es gibt ein Mahnverfahren. So einfach ist das nun mal.

11:04 Franz Hörmann tritt auf die Bühne. Und jetzt sind wir wieder beim Giralgeld. 12:50 Geld sei eine Schuld der Bank. Ja, genau so ist es doch! 12:58 Banken könnten ihre Schuldscheine nicht decken, weil sie nicht ausreichend Vermögen hätten. Und dann stiegen Banken von einem Schuldschein auf einen anderen um.

Franz Hörmann ignoriert dabei, daß Geld grundsätzlich im Kreis läuft - und wenn ich diesen Geldikreislauf zu einem Zeitpunkt t anhalte, sehen die Teilnehmer des Kreislaufs ihre Forderungen und Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt t. Kein Mieter hat beim Einzug in die Wohnung genug Vermögen, um die ganze Miete seines Mietverhältnisses im Voraus zu bezahlen. Kein Bäciermeister hat den Lohn für seine Verkäufer für deren ganzes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Arbeitsantritts vorrätig.

Bei einer Bank ist das nicht anders. Auch sie muß ihren Verbindlichkeiten gemäß ihren Verpflichtungen nachkommen - und natürlich bedient sie Verbindlichkeiten aus ihrem Vermögen bzw. ihren Forderungen. Wobei der wesentliche Punkt dabei ist, daß die Bank als Rechtsperson gegenüber ihren Gläubigern haftet. Die Gläubiger müssen sich also nicht mit den Forderungen der Bank auseinandersetzen, ihr Schuldner ist die Bank - und dieses Schwein wird im Zweifel auch geschlachtet.

Und natürlich ist es dabei völlig belanglos, ob diese Forderungen und Verbindlichkeiten auf Papier oder elektronisch notiert sind. Deswegen ist der Einwand von Joya Marschnig am Anfang des Films, nur 5 % des Geldes liege als Papier vor, der Rest seien "nur Zahlen am Computer" vollkommener Schwachsinn. Der gute Ferengi würde jetzt sagen: Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag. Der Bildungsbürger würde sagen: Pacta sunt servanda.

13:55 Das i-money.

14:25 Jetzt kommt Franz Hörmann auf den entscheidenden Punkt, wo er sich vom normalen Wirtschaftssystem unterscheidet. Auch bei Franz Hörmann bucht ein Wirtschaftssubjekt beim Vertragsschluß eine Bilanverlängerung - und nach Vertragserfüllung eine Bilanzverkürzung. Der Punkt ist aber, daß Forderungen "nicht weitergegeben" werden. Im Kern will Franz Hörmann Finanzintermediäre abschaffen.

Der Kölner Dom ist von 1248 bis 1882 gebaut worden - über 634 Jahre, oder über 21 Generationen. Wenn die Bauarbeiter und die Metzger, Bäcker, Weber, Schuhmacher, die diese mit Bedarfsgütern versorgt haben, insgesamt einen großen Sack Münzen gehabt hätten, um einander zu bezahlen, dann wären ein und dieselben Münzen über 21 Generationen zwischen den Wirtschaftssubjekten hin und her gelaufen. Da hat niemand das ganze Geld von Anfang an gehabt und über die Jahrhunderte ausgegeben. Da ist andauernd Geld im Umlauf gewesen - am Ende kann gesagt werden, wieviel Geld bei diesem Bauvorhaben umgesetzt worden ist.

Und genau ein solcher Umlauf ist ohne die Fristentransformation, die Banken durchführen gar nicht machbar. Bei einem Umlauf werden immer wieder Wirtschaftssubjekte Geld versprechen, das sie noch nicht haben. Dies liegt in der Natur der Sache: Ein Schumacher, der einem Schneider ein paar Schuhe fertigt und im Gegenzug vom Schneider einen neuen Anzug erhält, schließt mit dem Schneider einen Vertrag. Nach Vertragsschluß haben beide je eine Forderung und eine Verbindlichkeit, nach Vertragserfüllung werden diese aufgelöst. Dies mag im Fall von Schneider und Schuhmacher noch auf Handschlag gehen, wenn aber wie beim Kölner Dom ein Vorhaben über 21 Generationen geht, werden dabei Verträge sein, bei denen Vertragsschluß und Vertragsefüllung in verschiedenen Generationen liegen, so etwas ist ohne Finanzintermediäre nicht mehr durchführbar. Auch ist hier eine Risikotransformation unverzichtbar: Auftragnehmer können auch mal ungeplant sterben.

14:50 Franz Hörmann kommt auf den Gesellschaftsvertrag des i-Money. Da hat er im Grunde die Handelsorganisation der DDR nachgebaut. Es gibt einen "Zehtralverteiler", demgenüber alle Haushalte Arbeit leisten - und dafür ein Gehalt beziehen, umgekehrt beliefert dieser Zentralverteiler die Haushalte mit Konsumgütern, die von den Haushalten mit Geld bezahlt werden. Das ist gegenüber dem klassischen Wirtschaftskreislauf nichts neues, vielleicht sind die Sektoren S und U zusammengefasst worden, daher die Analogie zur HO der DDR.

Das i-Money sei ein Geldsystem ohne Umverteilung, ja lieber Franz Hörmann, die Umverteilung kommt doch nicht aus dem Geldsystem! Die Umverteilung kommt doch daher, daß jemand, der aus Vermögen Gewinne bezieht, also etwa Mieten, Pachten, Dividenden etc., ungleich mehr Gewinne erwirtschaften kann als jemand, der nur seine Arbeitskraft verkauft. Wenn man die "gewinnbringendes Vermögen habenden" als die "Klasse der Unternehmer" sieht und diejenigen, die eben kein solches haben, als Arbeiterklasse, landet man da bei der "Akkumulation des Kapitals", der Name des Autors der einschlägen Kapitel ist mir leider entfallen, er hat für den Nischel Modell gesessen, ich muß demnächst mal nachschauen, vielleicht steht der Name ja dran.

Und ein weiterer Punkt ist wesentlich: Auch wenn man die HO hier als Sternverteiler sieht, habe ich hier immer noch einmal den Zeitpunkt der Anlieferung von Produkten an den Sternverteiler, der diese Produkte ankaufen und vorfinanzieren muß, und die Abgabe von Produkten an den Verbraucher, der diese dann erst bezahlt.

Produktanlieferung und Produktabgabe sind zeitlich versetzt. Und damit verwirklicht der hier gedachte Sternverteiler eine ganz klassische Fristentransformation. Oder anders gesagt: Franz Hörmann führt hier versteckt einen Finanzintermediär ein, den er vorher mühsam getilgt hat.

Hat nicht Emanuel Geibel gedichtet: "Glaube, dem die Tür versagt, steigt als Aberglaub' ins Fenster. Wenn die Götter ihr verjagt, kommen die Gespenster."

Hier da hat Hörmann erst "die Banken", also Finanzintermediäre, kunstvoll rausgeschmissen - um sie dann in der notwendigen Handelsorganisation (ich übernehme den Namen mal von der letzten Großimplentierung dieses Systems) wieder einzuführen.

Anders gesagt: Erst baut er in sein System ein Abgrenzungsmerkmal zum bestehenden ein, dann schmeißt er genau dieses wieder raus.

Und tatsächlich ist - Bonität aller Beteiligten Vorausgesetzt - die Fristentransformation die wichtigste Aufgabe eines Finanzintermediärs im alltäglichen Handelsgeschäft.

Wenn also Franz Hörmann den Wirtschaftskreislauf um Finanzintermediäre erleichtert, was er tatsächlich nicht tut, wie eben erläutert, ändert er zwar an der Kapitalakkumulation nichts - hinterläßt aber einen de facto nicht funktionsfähigen Wirtschaftskreislauf. Das, was am System kaputt ist, macht er nicht heil, dafür macht er das, was heil ist, kaputt.

15:18 Vermögen der Superreichen.Eigentlich geht es im Film jetzt um etwas ganz anderes. Was Volkswirt Weber grauslich verklausuliert darstellt, ist, daß das umlaufende Geld gerade den Wert der umlaufenden Waren und Leistungen repräsentieren muß. Dies wird in der VWL tautologisch durch die Quantitätsgleichung zum Ausdruck gebracht und genau das wird in der Praxis durch die kaufmännische Buchführung sichergestellt, bei der Geld (nämlich eine Forderung) bei Vertragsschluß durch Bilanzverlängerung entsteht - und bei Vertragserfüllung durch Bilanzverkürzung vergeht, und ganz genau das dokumentieren die Banken, die sind nämlich die Buchhalter in diesem System. Tatsächlich findet sich in der Quantitätsgleichung eine Umlaufgeschwindigkeit, es wird also nirgends Geld "geschaffen" oder "geliehen", schon gar nichts aus dem Nichts, es geht immer um Forderungen und deren Erfüllung, und dies wird buchhalterisch dokumentiert. Das ist das ganze Geheimnis des Geldes.

17:13 Es geht um Formen, in denen Geld daherkommt. Was Volkswirt Weber richtig referiert ist, daß es um die Verteilung des Geldes geht. Und nicht um die Frage, wie es "entsteht" oder "geschöpft wird". Hier wird zwar durchaus deutlich, daß der Film nicht ganz unparteiisch ist, dennoch ist der Punkt aber sehr gut getroffen: Was Franz Hörmann - und andere Geldsystemkritier - beackern, sind letztich irgendwelche Scheinprobleme, die mit den eigentlichen Schwierigkeiten, die wir in der Wirtschaft haben, nichts zu tun haben.

18:12 Tauschkreise. Hier ist von "Talenten" die Rede, der Tauschkreis Niederösterreich hat eine eigene Homepage. Für die Buchhaltung nutzt man gerne Programme wie den Tauschrausch, was hier also penibel nachgebaut wird, ist ein Wirtschaftskreislauf ohne Finanzintermediär (zumindest nennt er sich nicht so, aber da man Talente auch "ansparen" kann, übt der Vereinsvorstand hier natürlich ein Bankgeschäft aus, da dies natürlich aufgrund der fehlenden Banklizenz und aufgrund der Abgabenordnung problematisch ist. hat der Tauschring Freilassing denn auch eine Handreichung, die die ausgenutzten Ausnahmetatbestände auflistet und den Leuten das Gewissen erleichtert.

18:58 Die Banker würden immer reicher..... Sorry, das ist nun schon wirklich pervers. Die Banken sind die Buchhalter. Aber nicht die Ursache der Kapitalakkumlation. Düringer kommt jetzt mit "Beifallsthesen" - dat hat schon et Jupp vom Niederrhein so jemacht. Den Rest von diesem Almöhi kommentiere ich mal lieber micht.

21:39 Jetzt kommt die Selbstversorgung. Hier stört der österreichische Dialekt etwas, das hätte ich dann doch lieber in Schwäbisch, denn der Höhepunkt jeder Selbstversorgung ist natürlich selbst gemachtes Breschlengsgsälz. Freilich hört die Selbstversorgung dann auch schon beim Breschlengsgsälzhäfele wieder auf, das muß man dann kaufen. Und damit wären wir wieder bei der Arbeitsteilung und beim Entstehen von Geld nach Adam Smith.

22:55 Unser Selbstversorger Franz Weichselbaum erzählt letztlich das Prinzip der umlaufenden Forderung, diesmal mit Tomaten und Tischen. Wenn wir jetzt den Wirtschaftskreislauf noch ein paar mal neu erfinden, können wir das im Hamsterrad machen, das wird dann die neue Energiequelle.

27:10 Das Hohelied des Selbermachens. Auch hier verweise ich gerne auf die Ausführungen zur Arbeitsteilung von Adam Smith.

31:20 Jetzt kommen die philosophischen Gerechtigkeitsgedanken. Trotzdem ist das ganze Tauschkreiskonzept nichs anderes als das etablierte Wirtschaftssystem - nur eben ohne Staat.

35:00 Hier wird richtig schön deutlich, wie bei Talenten, Vtalern, Stunden und so weiter "Geld" gespielt wird. Die rührenden Gerechtigkeitsdebatten über Preise überlassen wir mal den Almöhis, auch hier wird man die Preisbildung nach Angebot und Nachfrage machen. (Der Versuch, Preisbildung über Bewirtschaftung zu machen, ist in diversen Formen des Sozialismus in Deutschland gescheitert.) Es ist das alte System - neu aufgewärmt.

37:00 Nun kommen wieder die Phantasien über den Systemkollaps. Danach sind wir wieder bei Talenten und Regionalwährung.

42:00 Nun kommt der zinslose Talentekredit. Hier müssen wir nochmal schauen, wozu Zinsen überhaupt da sind. Und da geht es im Kern um

Ohne Zinsen ist eine Bank schlicht nicht arbeitsfähig.

43:00 Nun fällt den Leuten doch noch die Risikotransformation ein ;-) Und es kommt eine Graswurzelbank mit Regionalwährung. Christian Felber erfindet die Raiffeisen-Bank neu.

45:00 Jetzt sind wir wieder in Linz. Und nun kriegt jemand Ärger wegen illegaler Bankgeschäfte... Vorhersehbar. Und am Ende kommt noch akustische Umweltverschmutzung.

Abschließend bleibt zu sagen: Die Sendung war gut und neu. Dort, wo sie gut war, war sie nicht neu. Und dort, wo sie neu war, war sie nicht gut. (Meines Wissens leicht abgewandelt nach Winston Churchill.)